Eigenmietwert abgeschafft: Neue Steuerregeln für Wohneigentum
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat am 28. September 2025 mit deutlicher Mehrheit beschlossen, den Eigenmietwert abzuschaffen. Nach jahrzehntelanger Diskussion steht damit ein Paradigmenwechsel in der Wohneigentumsbesteuerung bevor. Dieser bringt umfassende Änderungen für Eigenheimbesitzer, Investoren, Unternehmen und die Finanzierung von Immobilien mit sich.
Künftig wird für selbst bewohnte Liegenschaften keine Eigenmietwert-Besteuerung mehr erhoben. Im Gegenzug entfallen die Abzugsmöglichkeiten für private Schuldzinsen. Die neue Regelung umfasst einen generellen Systemwechsel bei der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen. Mit der neuen Vorlage können Personen ohne steuerbare Miet- oder Pachterträge keinen Abzug von Schuldzinsen mehr geltend machen; das gilt nicht nur für Hypothekarzinsen sondern auch für Konsum- und Lombardkredite sowie private Darlehen.
Eine Übergangsfrist lässt das alte System noch bis mindestens 2027 in Kraft, Stand heute gelten die neuen Regelungen frühestens ab 1. Januar 2028.
Die eidgenössische Steuerverwaltung koordiniert diesen Systemwechsel und setzt den Kantonen Übergangsfristen für die Anpassung ihrer kantonalen Liegenschaftssteuern. Während der Übergangszeit bleibt für Eigentümer alles beim Alten mit Eigenmietwertbesteuerung und Abzugsmöglichkeiten, sodass geplante Sanierungen und Investitionen in den kommenden Jahren noch steuerlich geltend gemacht werden können.
Für Zweitliegenschaften kommt eine spezielle Objektsteuer auf kantonaler Ebene. Bei Renditeobjekten (Vermietung/Verpachtung) bleiben die bisherigen Regeln mit Einkommensbesteuerung der Mieteinnahmen und Abzug der Unterhaltskosten bestehen. Schuldzinsen bei vermieteten / verpachteten Liegenschaften bleiben im Rahmen des allgemeinen Abzugs nach «quotal-restriktiver Methode» teilweise abzugsfähig. * Die Kantone müssen die Änderungen in ihren Steuergesetzen bis spätestens 1. Januar 2028 implementieren.
Vergleich alte und neue Rechtslage
| Bisherige Rechtslage | Neue Rechtslage (ab ca. 01.01.28) | |
|---|---|---|
| Eigenmietwert | Muss als Einkommen versteuert werden | Fällt für Haupt- und Zweitwohnsitz weg |
| Schuldzinsabzug | Volle Abzugsmöglichkeit | Streichung, Ausnahme: Ersterwerb 10 Jahre |
| Unterhaltskosten | Abziehbar | Entfallen, evtl. Kantonsregelung für Sonderfälle |
| Sanierungen | Abzug möglich | Bundesweit nicht mehr abziehbar, evtl. Kantonsregelung |
| Einnahmen Vermietung | Steuerbar | Steuerbar |
| Unterhaltsabzug Vermietung | Abziehbar | Abziehbar |
Steuerliche Konsequenzen für Eigenheimbesitzer
Der Wegfall des Eigenmietwerts senkt üblicherweise das steuerbare Einkommen, aber auch die Schuldzins- und Unterhaltsabzüge entfallen. Für (Neu-)Erwerb bleibt ein limitierter Schuldzinsabzug von max. 10'000 Franken (Ehepaare) bzw. 5'000 Franken (Alleinstehende) bis 10 Jahre nach Kauf bestehen, pro Jahr um 10 Prozent reduziert.
Die Steuerbelastung fällt je nach individueller Situation höher, tiefer oder gleich aus; insbesondere bei hohen Hypotheken und grossen Unterhaltsaufwendungen fahren Eigenheimbesitzer künftig steuerlich schlechter.
Zweitliegenschaften
Für Zweitwohnungen fällt der Eigenmietwert ebenfalls weg. Stattdessen wird eine spezifische Objektsteuer auf kantonaler Ebene eingeführt. Damit soll ein Steuersubstrat erhalten bleiben, da viele Tourismusregionen von diesen Einnahmen abhängig sind.
Steuerliche Abzüge entfallen auch bei Zweitwohnungen, Ausnahmen und Übergangsregelungen sind kantonal unterschiedlich.
Gewerbliche Nutzung und Geschäftsvermögen
Gehört die Liegenschaft einer Firma oder einer reinen Liegenschaftsgesellschaft, bleibt die Ertragsbesteuerung wie bisher. Mieteinnahmen und abzugsfähige Unterhalts- sowie Schuldzinsen sind weiterhin ordentlich zu deklarieren, weil betriebsnotwendig.
Befindet sich das Objekt zwar im Privatvermögen des Unternehmers, wird aber betrieblich genutzt, bleiben Geschäftsraummieten im betrieblichen Bereich steuerbar und abzugsfähig. Nur der Teil, der privat genutzt wird (z.B. Geschäftswohnung), profitiert vom Wegfall des Eigenmietwerts.
Praxistipps für die Übergangsphase
- Steuerliche Planung: Prüfen, ob grössere Unterhaltsarbeiten oder Hypothekarumstrukturierungen sinnvoll vorgezogen werden sollten, um vorhandene Abzüge letztmalig zu nutzen.
- Dokumentation: Werterhöhende Investitionen (z.B. neue Küche) sollten weiterhin sauber dokumentiert werden, da sie beim Grundstückgewinn beim Verkauf weiterhin abzugsfähig bleiben.
- Finanzierung prüfen: Zinsbelastung künftig netto kalkulieren – niedrigere Abzugsfähigkeit kann sich auf die Tragbarkeit auswirken.
- Beratung: Frühzeitig das Gespräch mit dem Treuhänder oder der Bank suchen, um die individuelle Situation zu optimieren.
Was Eigenheimbesitzer jetzt tun sollten
- Überprüfen, ob sich grössere Sanierungen/Umbauten noch 2025 bis 2027 umsetzen lassen und steuerlich geltend gemacht werden können. Entscheidend für die Abzugsfähigkeit ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Leistungserbringung und der Rechnungsstellung. Allein eine Vorauszahlung ohne ausgeführte Arbeiten reicht steuerlich nicht aus. Einzelne Kantone stellen beim Liegenschaftsunterhalt auf das Zahlungsdatum ab (z. B. Basel-Stadt). Die Konsultation der jeweiligen kantonalen Bestimmungen wird dringend empfohlen.
- Finanzierung neu überdenken: Die bisherigen geldwerten Vorteile durch den Schuldzinsabzug entfallen. Experten raten dazu, Hypotheken vorsorglich zurückzuführen, sofern möglich, da eine Verschuldung zukünftig steuerlich nicht mehr begünstigt wird.
- Allfällige Schuldzins-Abzüge (bei Hypotheken) vor Inkrafttreten der neuen Regelung noch nutzen.
- Investitionen gut dokumentieren, ein allfälliger Gewinn beim Verkauf bleibt steuerpflichtig, investierte Werte können aber deklariert werden.
- Individuelle Steuerimpact-Berechnung anfertigen lassen.
- Spezialfälle klären: Bei Liegenschaften mit gemischter Nutzung (privat und geschäftlich) oder betrieblich genutzten Räumen im Privatvermögen empfiehlt sich eine genaue Dokumentation und eine individuelle Beratung mit Treuhand- und Steuerexperten. Solche Fälle erfordern eine differenzierte Abgrenzung und Anpassung an neue Vorschriften.
- Stockwerkeigentum: Die Reform gilt uneingeschränkt auch für Stockwerkeigentum. Eigentümer von Eigentumswohnungen müssen ebenfalls künftig keinen Eigenmietwert mehr versteuern. Bei speziellen Gemeinschaftsfragen empfehlen sich klare Absprachen mit Miteigentümern und Verwaltung.
- Unter Umständen kann es vorteilhaft sein, vermietete Liegenschaften auf eine Immobiliengesellschaft zu übertragen. Aufgrund der komplexen steuerlichen Konsequenzen ist es empfehlenswert, dabei fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen.
Beispiele zur Veranschaulichung
| Heute | Ab 2028 | |
|---|---|---|
| Eigenmietwert | CHF 18'000 (Einkommen) | 0 |
| Schuldzinsabzug | CHF 12'000 | ggf. limitiert (max. 10'000) |
| Unterhaltsabzug | CHF 10'000 | 0 |
| Steuerbares Einkommen | CHF 18'000 - CHF 12'000 = -CHF 4'000 | keine Abzüge mehr |
Bei sehr hoher Hypothek und Unterhalt war bisher das steuerbare Einkommen oft negativ. Künftig entfällt beides, die Belastung steigt entsprechend.
| Heute | Ab 2028 | |
|---|---|---|
| Eigenmietwert | CHF 18'000 (Einkommen) | 0 |
| Schuldzinsabzug | 0 | 0 |
| Unterhaltsabzug | CHF 3'000 | 0 |
| Steuerbares Einkommen | CHF 18'000 - CHF 0 - CHF 3'000 = -CHF 15'000 | 0 |
Für schuldenfreie Eigentümer sinkt die Steuerlast spürbar, weil sie den Eigenmietwert nicht mehr versteuern müssen.
Die Abschaffung des Eigenmietwerts bringt für viele Eigentümer steuerliche Erleichterungen – insbesondere für frei verschuldete Haushalte –, schränkt aber auch die Planungs- und Abzugsmöglichkeiten ein. Jede Situation verlangt eine individuell angepasste Steuerstrategie und rechtzeitige Planung, vor allem in der Übergangszeit bis 2028.
*quotal-restriktive Methode: Die Höhe des zulässigen Schuldzinsabzugs entspricht dem Anteil des nicht selbstbewohnten Liegenschaftsvermögen am Gesamtvermögen.
Beispiel
| Vermietete Liegenschaft | CHF 700'000 |
| Wertschriften / Bankguthaben | CHF 300'000 |
| Total Vermögen (100%) | CHF 1'000'000 |
| Hypothek | CHF 500'000 |
| Zinssatz | 2% p.a. |
| Schuldzinsen | CHF 10'000 |
| Abzugsfähiger Prozentsatz | 70% |
| Abzugsfähiger Schuldzins | CHF 7'000 |
Autor
Schweizerischer Treuhänderverband
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