AHV

Sozialversicherungen 2024

18. April 2024 - 
Sozialversicherung

Der erste Teil der AHV-Reform (AHV 21) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Er erleichtert zum Beispiel einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Der Beitrag fasst die damit verbundenen Änderungen sowie eine Auswahl von weiteren Neuerungen zusammen.

Im Rahmen der AHV-Reform wird das Rentenalter für Frauen stufenweise angeglichen. Ab 1. Januar 2029 liegt dann das ordentliche Rentenalter in der Schweiz für beide Geschlechter bei 65. Neu spricht der Gesetzgeber zudem von «Referenzalter» und nicht mehr von «ordentlichem Rentenalter». Der Rentenanspruch beginnt mit dem Monat, der auf den 65. Geburtstag folgt.


Flexibilisierung des Referenzalters
Seit Anfang 2024 können Versicherte den Weg in ihren Ruhestand individueller gestalten. Insbesondere können sie in der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie in der beruflichen Vorsorge einen Teil der Altersrente vorziehen und den anderen Teil aufschieben.
Neu können Renten zwischen 1 und 24 Monaten vor Erreichen des Referenzalters bezogen oder um 12 bis 60 Monate danach aufgeschoben werden. Auch teilweise Vorbezüge oder Aufschübe (20 bis 80 Prozent) sind möglich. Wird die Rente vorbezogen, wird aufgrund der Vorbezugsdauer eine gekürzte Rente ausgezahlt. Die Kürzungssätze betragen zwischen 0,6 und 13,6 Prozent. Für Frauen der Übergangsgeneration (Jahrgang 1961 – 1969) gelten eigene vorteilhaftere Kürzungssätze. Während des Vorbezugs müssen weiterhin Beiträge in die AHV eingezahlt werden, pro Jahr mindestens 514 Franken. Diese Zahlungen können bei Erreichen des Referenzalters fallweise nochmals zu einer leichten Rentenerhöhung führen. Wird der Rentenbezug aufgeschoben, erhöht sich die ausgezahlte Rente um 5,2 bis 31,5 Prozent.


Rente aufbessern
Nach Erreichen des Referenzalters können Arbeitnehmende bis zum Alter von 70 Jahren weiterarbeiten und gegebenenfalls mit dann geleisteten Beiträgen die Rente aufbessern. Zudem schafft man sich entweder ein Zusatzeinkommen zur Rente oder die Möglichkeit, den Bezug aufzuschieben und so den künftigen Rentenbetrag zu erhöhen.

Der bisherige Freibetrag von 1400 Franken gilt weiterhin. Wer mehr verdient, muss auf das übersteigende Einkommen Beiträge in die AHV/IV/EO bezahlen. Arbeitnehmende im Rentenalter sind aber nicht mehr in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig (und auch nicht mehr versichert). Neu ist es möglich, auf den Freibetrag zu verzichten.


Freizügigkeitsleistungen

Was sind Freizügigkeitsguthaben?
Die Freizügigkeitsleistung, auch Austrittsleistung genannt, bezeichnet das Guthaben, das jeder Versicherte bei seiner Pensionskasse (2. Säule) ansammelt, sofern er Sparbeiträge entrichtet. Wenn eine Person nicht mehr der BVG-Pflicht untersteht, wird das gesparte Kapital auf eine Freizügigkeitspolice bei einer Versicherung oder ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank übertragen.

Bisher konnten Freizügigkeitsgelder frühestens fünf Jahre vor und spätestens fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters bezogen werden. Frauen konnten demnach die Auszahlung bis zum 69. und Männer bis zum 70. Altersjahr aufschieben. Bis zur Auszahlung werden diese Gelder für die Einkommens- und Vermögenssteuer nicht berücksichtigt, anschliessend werden sie regulär besteuert. Bezieht jemand das Kapital, wird dieser Bezug getrennt vom übrigen Einkommen und zu einem tieferen Steuersatz besteuert.

Künftig gilt: Der Bezug von Freizügigkeitsguthaben kann nicht mehr aufgeschoben werden, sondern muss mit Erreichen des Referenzalters, also mit 65 Jahren, bezogen werden. Ein Aufschub kann nur dann nach bisherigem Recht in Anspruch genommen werden, wenn eine Person weiterhin erwerbstätig bleibt – wobei grundsätzlich kein Mindestpensum vorgesehen ist. Die Regelung entspricht damit jenen zur 3. Säule. Hier galt schon bisher, dass 3a-Konti nur dann später bezogen werden dürfen, wenn die Erwerbstätigkeit über das ordentliche Pensionsalter hinaus weitergeführt wird. Ansonsten müssen 3a-Konti spätestens mit 65 bezogen werden.

Der Bezug von Vorsorgegeldern wird mit einem Sondersatz auf Kapitalzahlungen besteuert. Diese privilegierte Besteuerung ist in vielen Kantonen sowie beim Bund stark progressiv. Werden nun im gleichen Kalenderjahr aus mehreren Quellen Vorsorgegelder ausgezahlt, steigt die Steuerbelastung überproportional an. Der Effekt kann bei Ehepartnern noch grösser ausfallen, wenn beide Auszahlungen im gleichen Jahr erhalten.

Um Versicherten, die bereits am 1. Januar 2024 das Referenzalter erreicht haben oder dieses bald erreichen werden, die Möglichkeit zu geben, ihre Pensionsplanung anzupassen, gibt es für die neuen Regelungen eine Übergangsfrist von fünf Jahren. Ab dem 1. Januar 2030 ist dann definitiv Schluss mit dem aufgeschobenen Bezug von Freizügigkeitsleistungen ohne Erwerbstätigkeit.

Ob Sie das Geld aus der Pensionskasse als Kapital beziehen wollen oder nicht oder ob Sie nach dem Erreichen des Referenzalters, beispielsweise in einem kleinen Teilzeitpensum, weiterarbeiten, um die Möglichkeit des Aufschubs zu nutzen, oder ob Sie sogar eine frühzeitige Pensionierung in Betracht ziehen – es ist in jedem Fall sinnvoll, sich rechtzeitig zu informieren und die Planung der Pensionierung frühzeitig anzugehen.


Hypothetische Einkommen bei der IV
Künftig werden die hypothetischen Einkommen bei Invalidität in der Invalidenversicherung pauschal um 10 Prozent gesenkt. Damit werden die tatsächlichen Einkommensmöglichkeiten von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen realistischer in die Kalkulation einbezogen. Der Abzug gilt für alle neuen Rentenfälle ab 2024, die ein hypothetisches Einkommen berücksichtigen.


Ergänzungsleistungen
Für Personen, die bereits vor der Reform der Ergänzungsleistungen im Jahr 2021 Ergänzungsleistungen bezogen haben und deren Situation sich durch die Reform verschlechtert hätte, galten bis Ende 2023 die davor gültigen Regelungen. Ab sofort gelten auch für diese Personen die neuen Vorgaben bezüglich Vermögen und Vermögensverzicht. Die fortan gültige Vermögensgrenze (100 000 Franken für Alleinstehende; 200 000 Franken für Ehepaare) kann dazu führen, dass Personen mit einem höheren Vermögen keinen Anspruch mehr auf Ergänzungsleistungen haben. Der Wert von selbstbewohnten Liegenschaften wird dabei nicht berücksichtigt.
 

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Autorin

Andrea Vogel

Andrea
 
Vogel

Dipl.-Kffr. (Universität Mannheim), dipl. Verbandsmanagerin VMI, Leiterin Kommunikation, TREUHAND|SUISSE Sektion Zürich

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