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Bitcoin und die ungeklärte Frage der Bilanzierung

26. Oktober 2023 - 
Digitalisierung

Bitcoin im Jahr 2023 ist im Kern seit dem ersten geschürften Block im Jahr 2009 gleich geblieben. Trotzdem hat sich viel verändert. Dieser Blog beleuchtet grob die Anwendungsfälle von Bitcoin und wie die Fachgremien die Rechnungslegung von Bitcoin interpretieren.

Bitcoin im Alltag - Wie wird Bitcoin verwendet?

Viele Menschen sehen Bitcoin als reine spekulative Anlage, wobei der Preis im Fokus der Aufmerksamkeit steht und nicht das erklärte eigentliche Ziel: Stabiles Geld.

Mit einem grossen Medien-Echo hat Microstrategy, eine US-Börsenkotierte Firma, im Jahr 2020 ihre Bitcoin Strategie verkündet. Dabei verfolgt Microstrategy eine sogenannte buy-and-hold Strategie, wie viele Bitcoin-Nutzer dies auch tun. Globale Zahlungsdienstleister wie Strike haben dagegen das Ziel auf Bitcoin den internationalen Zahlungsverkehr günstiger und effizienter als das traditionelle Bankensystem zu gestalten.

In verschiedenen Regionen und auch in internetbasierten Gemeinschaften sind erste Züge von zirkulären Tendenzen zu erkennen. Beispiele dafür sind Bitcoin Beach in El Zonte, El Salvador oder das Netzwerk von Einundzwanzig.

Bitcoin ist der Name der Geldeinheit, ist aber auch ein offenes Protokoll, das das Kreieren von neuen Anwendungsmöglichkeiten ermöglicht, solange die Protokollregeln eingehalten werden. Deshalb gibt es auch ständig neue Vorschläge, wie Bitcoin (das Geld und das Protokoll) genutzt, erweitert oder verbessert werden könnte. Dabei ist Bitcoin selbst sehr beständig und Änderungen an den Regeln sind nur sehr beschwerlich zu erreichen. Gleichzeitig erlaubt das offene Protokoll die ungehinderte Teilnahme am Netzwerk, wie auch bei der Entwicklung von Applikationen, die darauf aufbauen.

Die Kombination der fundamentalen Beständigkeit und der gleichzeitigen Offenheit führt dazu, dass Nutzer und Entwickler immer wieder neue Facetten von Bitcoin entdecken und die Anwendungsmöglichkeiten durch Kreativität erweitern. 

Mit verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten entwickeln sich verschiedene Anwendungsformen und der Entwicklungs- und Anwendungsprozess ist wahrscheinlich noch lange nicht vorbei. Weshalb ist das wichtig zu verstehen?

Bitcoin in der Fachliteratur - Peer-to-peer electronic cash, isn’t cash?

Die Bilanzierung von Bitcoin wurde in der Fachliteratur bereits stark diskutiert. Dabei wird die eigentliche Bilanzierung nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird diskutiert, wie Bitcoin in der Bilanz zu klassifizieren ist.

Das IASB hat im Juni 2019 ein Diskussionspapier (6/21/2019 «Holding of cryptocurrencies») veröffentlicht, in dem es die Bilanzierung von Bitcoin als Vorräte gemäss IAS 2 oder immaterielle Werte gemäss IAS 38 bevorzugt. Die Bilanzierung zu Flüssigen Mitteln schliesst es explizit aus, da Bitcoin zu jenem Zeitpunkt den Charakteristiken von Flüssigen Mitteln nicht entsprochen habe.

Ein EXPERT FOCUS Beitrag (5/2018 «Kryptowährungen nach Swiss GAAP FER»)  beleuchtete 2018 die Bilanzierung von Bitcoin im Rahmen von Swiss GAAP FER. Auch der Autor dieses Beitrags stellt sich auf den Standpunkt, dass Bitcoin nicht als flüssige Mittel qualifiziert, unter anderem mit der Begründung, dass Bitcoin zu volatil ist und somit das Kriterium von FER 4/4 nicht erfüllt. Der Autor kommt zum Schluss, dass die Bilanzierung als Vorräte oder Wertschriften zum aktuellen Wert für die meisten Unternehmen sachgerecht ist.

Im Positionspapier der EXPERTSUISSE («Behandlung von Bitcoin und Initial Coin Offerings (ICO) in der Rechnungslegung nach OR») wird die Behandlung gemäss Schweizerischem Rechnungslegungsrecht (OR) durchleuchtet. Auch hier stellt sich der Verband gegen eine mögliche Bilanzierung zu flüssigen Mittel. Als Begründung wird wieder die Volatilität, wie auch die mangelnde rechtliche Eigenschaft als Währung und die allgemeine Akzeptanz als Zahlungsmittel aufgeführt.

Unser Standpunkt

Bitcoin ist noch sehr jung. Wenn man sich ein Szenario vorstellen kann, in dem Bitcoin tatsächlich global als Währung akzeptiert wird, dann stehen wir noch ganz am Anfang des Monetarisierungsprozesses von Bitcoin. 

Die Kommentatoren haben nicht Unrecht, aber seit diese Artikel publiziert wurden, sind schon viele neue Blöcke geschürft worden und einiges hat sich geändert.

Primär wurden die Volatilität, die rechtliche Stellung als Währung und die allgemeine Akzeptanz als Argument gegen die Bilanzierung von Bitcoin als flüssige Mittel geführt. Wir schauen uns diese Argumente hier an.

Volatilität
Klar, Bitcoin ist volatil - gemessen an den führenden Weltwährungen wie der US Dollar oder dem Euro. Auch gemessen an «einem» Warenkorb ist die Volatilität nicht zu übersehen. Dies trifft aber auch auf etablierte Währungen wie in jüngster Zeit zum Beispiel die türkische Lira zu. Wir denken jedoch nicht, dass Firmen, die Bankguthaben oder Kassenbestände in türkischer Lira haben, diese in die Vorräte oder Wertschriften umgliedern. Mit zunehmendem Alter und Adoption scheint die Volatilität von Bitcoin auch immer geringer zu werden, während immer mehr traditionelle Währungen in den Strudel der Teuerung zu kommen scheinen.

Rechtliche Stellung als Währung
Tatsächlich ist Bitcoin seit 2021 offiziell neben dem US Dollar und dem Colón ein rechtliches Zahlungsmittel in El Salvador. Das bedeutet nicht, dass Bitcoin in El Salvador flächendeckend von den Menschen eingesetzt wird, vielmehr signalisiert es einen weiteren Schritt vom Image der obskuren Darknet-Geldeinheit in Richtung einer realen Alternative. Somit ist aber auch dieses Argument gegen Bitcoin als Fremdwährung in den liquiden Mitteln zu führen ein Stück weit entkräftet.

Allgemeine Akzeptanz
Zur Beantwortung der Frage, ob Bitcoin «allgemein» akzeptiert wird ist keine Schwarz/Weiss-Sichtweise angebracht. Vielmehr ist ein subjektives Spektrum. Wenn man sich in einem gewissen Ökosystem bewegt, mag Bitcoin mehr oder weniger Akzeptanz aufweisen. Beispielsweise gibt es verschiedene geografische Zonen, in denen Bitcoin je länger je mehr flächendeckend im wirtschaftlichen Alltag akzeptiert wird. Durch die faktische Grenzenlosigkeit des Internets, muss man sich nicht einmal zwingend in einer geografischen Zone aufhalten, um eine ähnliche Wahrnehmung unabhängig davon zu entwickeln.

Fazit

Die Rechnungslegung hat das oberste Ziel, dass sich unabhängige Dritte ein verlässliches Bild über die Finanzielle Lage einer Einheit bilden können. Somit ist die Bilanzierung von Bitcoin als flüssige Mittel unter Umständen sinnvoll. Umstände, die dafür sprechen würden wären zum Beispiel wenn Unternehmen regelmässig Lieferantenrechnungen mit Bitcoin begleichen. 

Bitcoin steht möglicherweise am Anfang eines langen Prozesses der Monetarisierung. 

Falls du mehr über Bitcoin erfahren willst, stehen die Leute rund um Alain Imhof von www.21lectures.com oder der Autor Bernhard Meier zur Verfügung. Sie organisieren Kurse wie derjenige «Bitcoin in der Buchhaltung» oder beraten Firmen und Privatkunden, wie Bitcoin in ihrer Situation einen Mehrwert schaffen kann. 

Autor

Bernhard Meier

Bernhard
 
Meier

TreuValues GmbH, Zürich

Dipl. Wirtschaftsprüfer

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