Pensionierung

Flexibler Altersrücktritt – ein Thema im Wandel

9. October 2025 - 
Personaladministration

Unsere Gesellschaft altert und die Zahl der Babyboomer, welche die Möglichkeit haben, die Erwerbstätigkeit zu reduzieren oder aufzugeben, steigt rasant an. Diese Entwicklung bringt mit sich, dass sich der Fachkräftemangel zunehmen bemerkbar macht. Das Thema «Flexible Pensionierung» gewinnt vor diesem Hintergrund an Bedeutung. Der schrittweise Altersrücktritt ist ein Element neben anderen, um die Bedürfnisse der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Nachfrage des Arbeitsmarktes in Übereinstimmung zu bringen. Seit 2024 sind im Bereich der beruflichen Vorsorge neue Rahmenbedingungen in Kraft. Die Steuerpraxis ist daran, sich entsprechend anzupassen, was es in der Beratung zu antizipieren gilt. Nachfolgend wird auf ausgewählte Aspekte eingetreten:

Teilbezug der Altersleistung 2. Säule – vorsorgerechtlicher Rahmen

Schrittweiser Altersrücktritt – Rentenbezug: Die versicherte Person hat ein Recht, die Altersleistung als Rente abgestuft in bis zu drei Schritten ab dem vollendeten 63. Altersjahr zu beziehen. Viele Vorsorgeeinrichtungen bieten diese Möglichkeit allerdings schon ab einem früheren Alter an. Im Weiteren steht es den Vorsorgeeinrichtungen frei, mehr als drei Schritte zuzulassen.

Schrittweiser Altersrücktritt – Kapitalbezug: Der Bezug der Altersleistung in Kapitalform ist in höchstens drei Schritten zulässig (Höchstzahl). Ein Schritt umfasst sämtliche Bezüge der Altersleistungen in Kapitalform innerhalb eines Kalenderjahres. Damit orientiert sich das Vorsorgerecht am Steuerrecht, welches sämtliche Kapitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge innerhalb eines Jahres für die Einkommensbesteuerung zusammenfasst. 

Der erste Teilbezug muss mindestens 20 Prozent der Altersleistung betragen. Die Vorsorgeeinrichtung kann einen tieferen Mindestanteil zulassen.

Der Gesetzgeber hat die Anzahl der «Schritte» in Kapitalform ausdrücklich begrenzt, damit die Steuerprogression nicht allzu stark gebrochen wird. Es handelt sich dabei insbesondere um ein Anliegen der Hochsteuerkantone mit stark progressiv ausgestalteten Steuersystemen.

Steuerpraxis

Grundsätzlich folgt das Einkommenssteuerrecht den vorsorgerechtlichen Vorgaben, wobei in Missbrauchsfällen einkommenssteuerrechtlich eingeschritten werden kann («Steuerumgehung»). Die Schweizerische Steuerkonferenz SSK hat eine Reihe von Empfehlungen formuliert, um die unter steuerlichen Gesichtspunkten wichtigen Aspekte einer Teilpensionierung zu konkretisieren. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die folgenden Themenkreise:

  • Bei einer Teilpensionierung muss eine dauerhafte Lohnreduktion vorliegen, wobei die Reduktion des AHV-pflichtigen Lohns massgebend ist.
  • Zwischen den einzelnen Teilpensionierungsschritten sollte mindestens ein Jahr (365 Tage) liegen. Ist die Zeitabstand zwischen zwei Schritten kleiner, wird eine Steuerumgehung vermutet. Dabei sollte dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden, die Steuerumgehungsvermutung umzustossen und darzulegen, dass ausserfiskalische Gründe, wie beispielsweise eine Erkrankung, für die zeitlich geraffte Gestaltung der Teilpensionierung und den anteilsmässigen Bezug des Vorsorgekapitals vorliegen.

Ausblick Konfliktzone «Entlastungspaket 2027»

Der Bund muss sparen. Zu diesem Zweck hat das EFD ein Sparpaket geschnürt. Zusätzlich zu den echten Sparmassnahmen schlägt das EFD in der Botschaft eine Steuererhöhung für die direkte Bundessteuer bei Kapitalleistungen aus Vorsorge vor. Zu diesem Zweck soll die Steuerberechnungsnorm von Art. 38 DBG revidiert werden. Die Botschaft basiert dabei insbesondere auf den folgenden beiden Elementen:

  • Individualbesteuerung: Bei der Steuerberechnung von Kapitalleistungen aus Vorsorge soll die Individualbesteuerung eingeführt werden. Die Ehegatten versteuern ihre Kapitalleistungen völlig unabhängig voneinander, d.h. es gelangt nicht mehr wie heute ein «Familientarif» zur Anwendung.
  • Progressiver Sondertarif: Die bestehende bewährte gesetzliche Regelung soll abgelöst werden durch einen progressiven Sondertarif, welcher bis zum Normalsatz von 11.5% ansteigt. Ab Kapitalleistungen von CHF 100‘000 sind Steuererhöhungen vorgesehen: Bei einer Kapitalleistung von CHF 1 Mio. beträgt die Mehrbelastung beispielsweise + 85%


Die Steuersatzerhöhung soll gemäss der Absicht des Bundesrates ab dem Steuerjahr 2027 greifen, wobei keine Übergangsbestimmung geplant ist. Insofern sieht sich eine Vielzahl von Versicherten mit dem Umstand konfrontiert, dass die «Spielregeln im Spiel» geändert werden sollen (Stichwort «Verstoss gegen Treu und Glauben»). 

Betroffen ist eine Vielzahl von Leistungen. Neben den Altersleistungen aus den Säulen 2 und 3a sollen insbesondere auch Invaliditäts- und Todesfallkapitalien, Haftpflichtleistungen, Leistungen von Arbeitgebern aus Sozialplänen sowie Leistungen aus Todesfallrisikoversicherungen der Säule 3b massiv höher belastet werden. Potentiell sind damit grosse Kreise der Bevölkerung betroffen.

Das Paket ist unausgegoren und kann sich auf keine angemessenen Vorarbeiten abstützen. Die Massnahme wurde im Vernehmlassungsprozess entsprechend breit abgelehnt. Trotzdem haben sich die Verantwortlichen entschlossen, auf die Steuererhöhung zu pochen und die starken Stimmen im Vernehmlassungsverfahren zu ignorieren. Mit der vorgeschlagenen Massnahme wird das Grundvertrauen in das Vorsorgesystem untergraben. Es ist zu hoffen, dass die Mitglieder des Parlaments die richtigen Schlüsse ziehen und die Massnahme konsequent und ersatzlos ablehnen zum Wohle des bewährten drei Säulen Systems.

Autor

Peter Lang

Dr. iur., lic. oec. HSG Peter Lang

Swiss Life AG, Zürich

dipl. Steuerexperte, Leiter Steuerdienst

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